Gebete und Predigtgedanken für den 3. Sonntag nach Epiphanias, 24. Januar 2021, Rut 1,1-19a

Es werden kommen von Osten und von Westen, von Norden und von Süden, die zu Tisch sitzen werden im Reich Gottes (Lukas,13,29)

Als Lieder aus dem aufgeschlagenen Evangelischen Gesangbuch schlage ich vor: 440 (zum Eingang) und unverdrossen 317 zum Ausklang. Beten wir:

Herr, ewiger und allmächtiger Gott.
Du bist der Herr aller Herren.
Du regierst
über die Mächte in der Natur und die Machthaber in der Geschichte.
Immer hast du besonders für die Armen und die Elenden gesorgt.
Deshalb bitten wir dich:
nimm dich unserer Schwachheit an,
vergiss die nicht,
die unten und im Dunkeln leben: in der Nähe und weiter weg.
Erbarm dich aller in ihrem Leid.
Durch Jesus Christus, unseren Herrn,
der mit dir und dem Heiligen Geist
lebt und regiert von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Amen.

Der Wochenspruch für die heute beginnende Woche, liebe Gemeinde, bringt eine unglaubliche Bewegung zum Ausdruck: aus allen Himmelsrichtungen werden Menschen zum Reich Gottes strömen: dem Ziel, der Erfüllung, in einem umfassenden Frieden.

Im Predigttext geht es auch um Wanderungs-Bewegungen: weil eine Hungersnot aus-gebrochen ist, zieht ein Mann mit seiner Frau Naëmi und ihren beiden Söhnen ins Nachbar-land. Dort stirbt er. Dort heiraten aber auch die beiden Söhne; ihre Frauen heißen Orpa und Rut. Zehn Jahre später sterben auch die beiden Söhne und Ehemänner. Nun soll es wieder zurückgehen, weil „der Herr Brot gegeben“ und die Hungersnot ein Ende gefunden hatte: wieder zurück nach Juda, einem Teil Israels. Auf dem Wege geht es auch um die Zukunfts-frage. „Zukunft“ heißt: versorgt werden ohne Sozialsicherungssysteme. Eine Zukunfts-perspektive gibt es durch Ehemänner und Kinder. Dafür fühlt sich Naëmi zu alt, während sie gleichzeitig ihre Schwiegertöchter bittet, wieder in deren Land zurückzukehren: weil es dort eher Lebenschancen für sie gibt. Orpa geht, unter Tränen, zurück, während ihre Schwester Rut in die andere Richtung geht und auch Worte findet, die zu Herzen gehen. So sagt sie zu Naëmi „Wo du hin gehst, da will auch ich hin gehen; wo du bleibst, da bleibe ich auch. Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott …“ (Vers 16).

Für Rut heißt Zukunft: bei ihrer Schwiegermutter zu bleiben und sich deren Volk und Gott zuzuwenden. – Es lohnt sich, das ganze Büchlein „Rut“ im Alten Testament zu lesen: und darüber zu staunen, wie sich die Zukunft Ruts mit Leben füllt …

Wohin gehen wir: in eine ungewisse Zukunft? In eine irgendwann fast ganz durchgeimpfte Gesellschaft? In eine Zeit, in der man sich wieder neu eine Existenz aufbauen kann?

Oder wenn man alt geworden ist: ohne Sorgen mehr um andere und ohne Furcht von einem Tod mit beängstigender Atemnot …?

Ich kann nur sagen und meiner Hoffnung Ausdruck geben: Gott geht mit mir, der gnädige und barmherzige und machtvolle Gott geht mit uns. Er wird uns Lebensmöglichkeiten in dieser Welt eröffnen. Und wir dürfen das Ziel nicht aus den Augen verlieren: das Reich Gottes, jene Zukunft nach dem letzten Atemzug.

Ach ja, ein Jugendlicher kam aus einem Land in Afrika; er fand einen Ausbildungsplatz bei einem Bäcker in Frankreich: Croissants, baguettes et tous les autres choses, Mmh! Er wurde 18: da sollte er abgeschoben werden. Da trat der einheimische Bäckermeister in den Hungerstreik, denn er war sehr zufrieden mit seinem Lehrling. Und überhaupt: wer will denn heutzutage noch sehr früh aufstehen …? Dem Bäckermeister ging es schlechter, er musste ins Krankenhaus. Das alles sprach sich herum. Am Ende durfte der junge Mann aus Afrika bleiben: auch eine Zukunftsgeschichte in diesen verwirrenden Zeiten. Und vielleicht hatte Gott da seine Hand im Spiel: durch Mitgefühl, einen energischen Meister und Entscheider-Herzen, die weich wurden.  Amen.

Herr, ewiger und allmächtiger Gott.
Deine Hilfe ist größer als unser Versagen.
Dein Erbarmen übertrifft alles Leid.
Dein Reich kommt durch die Todesgeschichte,
in die wir alle verstrickt sind, zum Ziel.
Mit allen Menschen, mit allen Geschöpfen
leben wir deinem Frieden und deiner Freiheit entgegen.
Dank dir für jedes Wort,
das uns bewegt und aufrichtet und zu dir führt.

Weil du ein gnädiger und allmächtiger Gott bist,
der helfen kann, wenn wir versagen,
bitten wir dich für alle Menschen in Not:
für Kranke und Sterbende,
für Einsame und Verzweifelte,
für Hungernde, Arme und Arbeitslose,
für Ausgebeutete und Unterdrückte,
für die Opfer von Krieg und Bürgerkrieg:
erlöse alle aus ihrem Leid,
befreie und rette elende Menschen.

Weil du ein gnädiger und allmächtiger Gott bist,
der helfen kann, auch wenn wir versagen,
bitten wir dich für alle, die besessen sind,
die in Traurigkeit und Schwermut versinken,
die von Ängsten und Anfällen heimgesucht werden,
die verstrickt sind in Hass, Neid und Eifersucht,
die von bösen Träumen gequält werden,
die sich mit Alkohol, Tabletten und anderem betäuben,
die dem Geld nachjagen und über Leichen gehen,
die ihre Macht in Wirtschaft und Politik,
in Forschung und Lehre missbrauchen:
erlöse sie aus ihrem Wahnsinn,
schenke ihnen Vernunft, erfülle sie alle mit Liebe.

Weil du ein gnädiger und allmächtiger Gott bist,
der auch helfen kann, wenn wir versagen,
bitten wir dich für alle,
die schon zu deiner Gemeinde gehören:
dass sie sich vor Menschen nicht fürchten
und nicht allein auf menschliche Weisheit verlassen,
dass sie die Macht des Glaubens entdecken,
dass sie beten und danken lernen,
dass sie allen Wankelmut verlieren
und tatkräftig eintreten
für Recht und Freiheit, für Leben und Glück.

Du, Herr, kennst unsere Schwächen.
Aber du machst uns auch stark.
Du, Herr, siehst unseren Kleinglauben.
Aber du lädst uns ohne Zögern zur Nachfolge ein.
Du, Herr, hast unser Todesgeschick geteilt
und führst uns durchs Sterben ins Leben.
Deshalb loben und preisen wir
mit jedem Atemzug deinen herrlichen Namen.
Du Schöpfer dessen, was da ist.
Du Retter dessen, was krank ist.
Du Erlöser dessen, was verdammt ist.

Ehre sei dir,
dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist,
jetzt und immerdar und von Ewigkeit zu Ewigkeit.

Wir rufen dich an als Vater von allen Menschen:
Vater unser im Himmel…

„Der Herr segne Dich und behüte Dich, der Herr lasse leuchten sein Angesicht über Dir, der Herr erhebe sein Angesicht auf Dich und schenke Dir Frieden.“                    B. Pechmann