2. Sonntag in der Passionszeit (Reminiszere) – 28. Februar 2021

Text: Jes 5,1 – 7

Begrüßung

Gedenke, Herr, an deine Barmherzigkeit und an deine Güte – wir feiern den Sonntag Reminiszere. Ein Sonntag zwischen Schuld und Versagen, Barmherzigkeit und Neuanfang. Wir hören von Gott als einem, der alles für die Seinen tut und dafür Untreue erntet. Wir stimmen ein in Bitten um Vergebung und Neuanfang. Erfahren von Versöhnung und Zukunft. Wir feiern diesen Gottesdienst im Namen Gottes des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.

Eingangslied: EG97

1. Holz auf Jesu Schulter, von der Welt verflucht, ward zum Baum des Lebens und bringt gute Frucht. Kyrie eleison, sieh wohin wir gehn. Ruf uns aus den Toten, lass uns auferstehn.

2.Wollen wir Gott bitten, dass auf unsrer Fahrt Friede unsre Herzen und die Welt bewahrt. Kyrie eleison, sieh, wohin wir gehn. Ruf uns aus den Toten, lass uns auferstehn.

3. Denn die Erde klagt uns an bei Tag und Nacht. Doch der Himmel sagt uns: Alles ist vollbracht. Kyrie eleison, sieh, wohin wir gehn. Ruf uns aus den Toten, lass uns auferstehn.

4.Wollen wir Gott loben, leben aus dem Licht. Streng ist seine Güte, gnädig sein Gericht. Kyrie eleison, sieh, wohin wir gehn. Ruf uns aus den Toten, lass uns auferstehn.

5. Denn die Erde jagt uns auf den Abgrund zu. Doch der Himmel fragt uns: Warum zweifelst du? Kyrie eleison, sieh, wohin wir gehn. Ruf uns aus den Toten, lass uns auferstehn.

6. Hart auf deiner Schulter, lag das Kreuz, o Herr, ward zum Baum des Lebens, ist von Früchten schwer. Kyrie eleison, sieh, wohin wir gehn. Ruf uns aus den Toten, lass uns auferstehn.

Tagesgebet

Du treuer Gott, wie oft handeln wir anders, als es von uns Christen zu erwarten wäre? Wieviel Grund hast du, uns zu zürnen? Danke, dass du uns nicht verloren gibst. Dank für deine Geduld mit uns. Wir sind angewiesen auf Vergebung und Neuanfänge, wir brauchen deine Güte und Barmherzigkeit. Lass uns deine Liebe erkennen. Amen.

Predigt

Liebe Gemeinde,

die Geschichte, die uns Jesaja erzählt (Jesaja 5,1 – 7) könnte zum Labhüttenfest gespielt haben, mit das ausgelassenste Fest im ganzen jüdischen Fest-Jahr, Erntedank, ein bisschen wie Schützenfest – Musik, Tanz, lustige Einlagen. Und da – die Leute wundern sich – steht doch tatsächlich der Prophet Jesaja vorn. Gibt auch etwas zum Besten, eine Art Ballade.

Ein Lied von meinem liebsten Freund, von meinem Freund und seinem Weinberg, kündigt er es an und singt schon los. Eigentlich alles bestens geplant und vorbereitet, und dann, was er erzählt, einfach nur Pech!

Der Weinbergbesitzer, der steht für Gott, er müht sich so sehr um seinen Weinberg, und dann….  bittere Enttäuschung! Das passt nun gar nicht zu unserem Bild von Gott, das wir uns in unseren Köpfen machen. So ist doch Gott nicht, möchte man protestieren. Gott ist doch nicht so eine klägliche Ohnmachtsgestalt. – Ja und nein:

Bei Adam und Eva hatte das ja auch nicht geklappt mit dem Verbot, von dem Baum der Erkenntnis zu essen. Auch da die seltsame Hilflosigkeit Gottes.

Hat es etwas damit zu tun, dass Gott Menschen will, die keine Roboter sind? Denen er ihren freien Willen lässt? Ihr eigenes Ich? Und dieses Ich können wir verschenken, ganz frei!

Als eine Geschichte von Liebe hat Gott es angelegt zwischen ihm und uns. Wo Liebe ist, da ist immer etwas, das kann nur freiwillig kommen, oder es hat keinen Wert. Von innen heraus kommt es; lässt sich nicht erzwingen. Wer liebt, erlebt doch immer ein Stück Ohnmacht.

Passionszeit steht für dieses Stück Ohnmacht Gottes: Lieber an denen leiden, die er liebt, als sich mit Macht durchsetzen. So gesehen ist das schlimme Ende Jesu das Wertvollste, was wir von Gott wissen: Da hat er damit Ernst gemacht – was die Liebe nicht schafft, das will er nicht zwingen. Er verlöre ja seine Menschen dabei. Liebe und Finsternis – wie quälend dicht liegt beides zusammen!

Die Mit-Israeliten von Jesaja reden anders. Die sagen: »Du musst dein Leben schon in die Hand nehmen. Du kannst dich nicht immer nur auf Gott verlassen. Man muss seinem Glück auch schon mal nachhelfen. Wenn du deinen Vorteil nicht selbst nutzt, trägt ihn dir keiner hinterher.« – Klingt vernünftig. Aber die Grenzen werden fließend. Auf einmal zieht das Grau ein, das unsere Wirklichkeit zeichnet: Nicht richtig schlecht, nicht einfach böse – aber grau. Schwarz und Weiß verschwimmen.

Bei Jesaja endet es da. Gott hält inne. Sein Zorn ist nicht einfach blinde vernichtende Wut. Gott hängt an seinem Weinberg, er hängt an seinem Volk. Und deshalb ist bei dieser Liebe Gottes auch seine Barmherzigkeit und Treue. Gott ist es nicht egal. Er hängt an seinem Weinberg. Er lässt ihn nicht im Stich

Wir gehen in die Passionszeit, weil wir noch etwas anderes von Gott zu sehen bekommen haben. Seiner Sehnsucht nach uns hat Gott in Jesus Gestalt gegeben, die hätte sich keiner ausdenken können: Jeus geht den Weg ins Graue(n), in die schwärzeste Tiefe, für uns, in den verwahrlosten Weinberg, hinter die Dornen, hinein ins Vertrocknete und Vergiftete, hin zu uns. Er ist einfach da. Erträgt die Verwahrlosung seiner Menschen am eigenen Leib – und gibt uns Gott hinter unseren Dornen zu fühlen. Hinter Gottes Liebe steckt mehr Kraft als alle Finsternis, als der Tod. Amen.

Wochenlied: EG 366

1. Wenn wir in höchsten Nöten sein
und wissen nicht, wo aus noch ein,
und finden weder Hilf noch Rat,
ob wir gleich sorgen früh und spat:

2. so ist dies unser Trost allein,
dass wir zusammen insgemein
dich anrufen, o treuer Gott,
um Rettung aus der Angst und Not.

3. und heben unser Aug und Herz
zu dir in wahrer Reu und Schmerz
und flehen um Begnadigung
und aller Strafen Linderung,

4. die du verheißest gnädiglich
allen, die darum bitten dich
im Namen deins Sohns Jesu Christ,
der unser Heil und Fürsprech ist.

Fürbitten

Gott, liebend und treu stehst du zu uns. Du hilfst uns, als Christinnen und Christen zu leben. Wir bitten dich: Gedenke, Herr, an deine Barmherzigkeit und an deine Güte • für alle, die dir nachfolgen und weitergeben von deinem Wort • für bedrängte und verfolgte Christinnen und Christen.

Gedenke, Herr, an deine Barmherzigkeit und an deine Güte • für alle, die unter der Coronapandemie leiden • für Menschen, deren Existenz bedroht ist • für die, die keine Zukunft für sich sehen.

Gedenke, Herr, an deine Barmherzigkeit und an deine Güte • für die Kranken und Sterbenden • für Pfleger und Ärztinnen • für Forscher und Lehrende.

Gedenke, Herr, an deine Barmherzigkeit und an deine Güte • für Politiker und Richterinnen • für Führungskräfte in Unternehmen.

Gedenke, Herr, an deine Barmherzigkeit und an deine Güte • für uns selbst in unserem Alltag • für die, die uns nahestehen.

Gedenke, Herr, an deine Barmherzigkeit und an deine Güte. Mit den Worten deines Sohnes rufen wir zu dir:

Vater unser im Himmel
Geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich
und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Segen

Der HERR segne dich und behüte dich;
der HERR lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig;
der HERR hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden. Amen.

Ihre Pastorin Ute Neveling-Wienkamp