3.5.2020 – Jubilate
Liebe Bugenhagengemeinde,
wir befinden uns wohl alle in diesen Tagen in einer besonderen Situation,
die besondere Maßnahmen erfordert. Die Ausbreitung des COVID 19-Virus legt weite Teile unseres gesellschaftlichen Lebens lahm. Wir sind angehalten, Sozialkontakte auf ein Minimum zu reduzieren.Unsere Kirchengemeinde hat alle Gottesdienste, Veranstaltungen und Besuche abgesagt. Vielleicht haben aber auch Sie gerade in diesen Tagen das Bedürfnis nach Austausch, nach einem guten Wort, nach einem Gebet?
Sie können gerne zu einem Gebet von montags bis sonntags von 15-17 Uhr unsere geöffnete Kirche besuchen. Ich lade Sie herzlich zu einem gemeinsamen Gottesdienst ein! In anderer Form als gewohnt. An einem anderen Ort als in unserer Kirche. Dort eben, wo Sie leben und diese besonderen Tage verbringen: In Ihrem Zuhause. Und doch gemeinsam mit anderen! Verbunden im Geist. Alles, was Sie brauchen haben Sie: Eine Kerze, diesen Brief und ein paar Minuten Zeit, vielleicht sogar am Sonntag um 10 Uhr.
Ein kleiner Gottesdienst – zu Hause und doch nicht allein
Kerze entzünden
Stille
Eingangsworte
Ich bin hier. Allein. Und doch durch Gottes Geist verbunden mit anderen.
Im Namen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.
Unser Anfang und unsere Hilfe stehen im Namen des Herrn,
der Himmel und Erde gemacht hat.
Der seinen Bund und seine Treue hält ewiglich.
Und der niemals loslässt ein Werk seiner Hände. Amen
Gebet
Gott. Da bin ich. Allein. Und doch nicht allein: Du bist hier.
Andere beten auch zu Dir. Genau jetzt. Das verbindet uns. Miteinander. Und mit Dir. Du bist eben nicht an bestimmte Orte gebunden. Du bist da, wo ich bin. Ich leg Dir heute Morgen alles hin, was ist. Und es ist so viel.
Stille
Ich bitte Dich, Gott: Behüte, was wir liebhaben. Das Leben. Und unsere Lieben. Amen
Psalm 121
1 Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen. Woher kommt mir Hilfe?
2 Meine Hilfe kommt vom HERRN, der Himmel und Erde gemacht hat.
3 Er wird deinen Fuß nicht gleiten lassen, und der dich behütet, schläft nicht.
4 Siehe, der Hüter Israels schläft noch schlummert nicht.
5 Der HERR behütet dich; der HERR ist dein Schatten über deiner rechten Hand,
6 dass dich des Tages die Sonne nicht steche noch der Mond des Nachts.
7 Der HERR behüte dich vor allem Übel, er behüte deine Seele.
8 Der HERR behüte deinen Ausgang und Eingang von nun an bis in Ewigkeit! Amen
Impuls zum 3.5.2020 Jubilate
Jubilate! Das ist der Name dieses Sonntags. Ist der Name Programm?
Aber uns ist gerade nicht zum Jubeln, in unserer Welt, in dieser Zeit. Jubilate ist der Sonntag der gemischten Gefühle. Er führt uns den Zwiespalt unserer christlichen Existenz vor Augen. Dazu gehört ein leichtes Herz. Dazu gehört die Traurigkeit. Das Leben bewegt sich zwischen Verzagtheit und überraschtem Lächeln, auch mit Schutzmaske.
Ein Lied, das zu dieser Thematik passt, ist das Lied in unserem Gesangbuch EG 398: In dir ist Freude, in allem Leide….
Schlagen Sie es auf und versuchen Sie, sich in die schwungvolle Melodie hinein zu summen
Jubilate – und dabei ist unser Platz an der Seite der Traurigen.
Wohl wahr, auch wir sind in diesen Zeiten oft genug traurig, was alles nicht möglich ist z.Zt.: Besuche, Kinderspiele draußen, Gottesdienste.
Traurigkeit ist nicht nur eine Stimmung. Traurigkeit ist eine Volkskrankheit geworden. Traurigkeit frisst sich in die Seele wie Karies in die Zähne. Lange merkt es keiner. Nur die Zunge fährt immer wieder in die schwarzen Löcher. Doch irgendwann ist der Schmerz nicht mehr auszuhalten.
Und dann, bei allem 1,5m Abstandsgebot, an der Seite der anderen zu bleiben, das ist wichtig, damit wir alle, wenigstens ab und zu jubeln können, lächeln, über eine Kleinigkeit uns freuen.
Bleiben wir an der Seite der Erschöpften und der Traurigen.
Gott lässt uns auch in der Traurigkeit nicht allein. Er sucht uns auf. Das macht froh. Die Freude, die in Gottes Gegenwart liegt, ist nicht die Freude der ewig glaubensstarken Optimisten, die alle Anfechtungen des Lebens weglachen. Sie berührt uns unversehens.
Es gibt eine Legende vom traurigen Martin Luther. Als seine Frau Käthe gar nicht mehr weiter weiß, wie sie die Stimmung von Martin aufhellen kann, kommt ihr eine Idee. Sie zieht ein schwarzes Trauerkleid an und betritt die düstere Stube ihres Mannes. Martin sieht seine Frau aus den Augenwinkeln und schreckt hoch. „Ist jemand gestorben?“, fragt er ängstlich und steht schon neben dem Bett. Käthe antwortet: „Gott ist gestorben. Wenn du nicht mehr betest, sprichst und singst, dann ist Gott für dich tot und hat keine Macht.“ Das Gefühl der Gottverlassenheit schwindet, wenn wir beten, singen und jubilieren. Versuchen Sie es mal mit dem Lied: In dir ist Freude….
Im Beten, im Singen, im Danken stellt sich die Gegenwart Gottes ein -und mit ihm die Freude. Wir müssen nicht erst auf ein überwältigendes religiöses Ereignis warten oder einen göttlichen Trumpf aus der Tasche ziehen. Die Freude, die aus dem Glauben kommt, stellt sich ein, wenn wir uns in die Nähe derer wagen, die gerade leichter glauben können. Wenn wir es riskieren, auch mal gegen unser Gefühl zu singen, zu beten und zu arbeiten. Luther sagt es so:
„Wenn man unlustig ist, so soll man denken: Gott lacht dich jetzt an. Vor allem aber: Wer mit dem Geist der Traurigkeit geplagt ist, der soll sich aufs höchste hüten, dass er nicht allein ist. Denn Gott redet mit mir durch die Nachbarn, durch meine guten Freunde und Gesellen, durch meinen Mann, durch mein Weib, ja durch mein Kind oder meine Magd. Aber wie spricht Gott? Durchs Singen, Beten und Predigen. Denn wenn Geschwister einander trösten, dann ist die ganze Welt voll Trost.“. Amen.
Gebet von Johannes Hartl
Herr wir bringen Dir alle Erkrankten und bitten um Trost und Heilung. Sei den Leidenden nahe, besonders den Sterbenden. Bitte tröste jene, die jetzt trauern. Schenke den Ärzten und Forschern Weisheit und Energie. Den Politikern und Mitarbeitern der Gesundheitsämter Besonnenheit.
Wir beten für alle, die in Panik sind. Alle, die von Angst überwältigt sind. Um Frieden inmitten des Sturms, um klare Sicht.
Wir beten für alle, die großen materiellen Schaden haben oder befürchten. Guter Gott, wir bringen Dir alle, die in Quarantäne sein müssen, sich einsam fühlen, niemanden umarmen können. Berühre Du Herzen mit Deiner Sanftheit. Und ja, wir beten, dass diese Epidemie abschwillt, dass die Zahlen zurückgehen, dass Normalität wieder einkehren kann. Mach uns dankbar für jeden Tag in Gesundheit. Lass uns nie vergessen, dass das Leben ein Geschenk ist. Dass wir irgendwann sterben werden und nicht alles kontrollieren können. Dass Du allein ewig bist.
Dass im Leben so vieles unwichtig ist, was oft so laut daherkommt.
Mach uns dankbar für so vieles, was wir ohne Krisenzeiten so schnell übersehen.
Wir vertrauen Dir. Amen.
Vaterunsergebet
Vaterunser im Himmel. Geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe – wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
Segensbitte
Gott segne uns und behüte uns.
Gott lasse leuchten sein Angesicht über uns und sei uns gnädig.
Gott erhebe sein Angesicht auf uns und schenke uns Frieden. Amen
Stille.
Kerze auspusten
Ich grüße Sie herzlich in diesen außergewöhnlichen Tagen und wünsche Ihnen Gesundheit und Gottes Segen.
Ihre Pastorin Ute Neveling-Wienkamp