Zum Sonntag „Misericordias Domini“

Sonntag „Zum Guten Hirten“, 26. April 2020

Ewiger, heiliger Gott,
du bist die Allmacht, du bist barmherzig.
Wenn wir schwach sind, behütest du uns.
Wenn wir stark zu sein scheinen, führst du uns.
In deinen Händen liegt unser Leben.
Wenn wir uns nicht auf dich verlassen,
sind wir allein in der Welt.
Stärke uns und unser Vertrauen zu dir.
Tröste uns mit der Kraft deines Wortes.
Ermutige uns mit dem Licht deines Geistes.
Begleite unseren Weg mit deinem Segen
durch unseren Herrn Jesus Christus, deinen Sohn,
der mit dir und dem Heiligen Geist
lebt und regiert von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Amen.

Liebe Gemeinde,

der zentrale Satz aus dem Predigttext für heute lautet: „Ihr ward wie die irrenden Schafe, aber ihr seid nun bekehrt zu dem Hirten und Bischof eurer Seelen“ (1. Petrusbrief 2, Vers 25; der ganze Text sind die Verse 21b-25). Mit dem „Hirten und Bischof“ unserer Seelen ist in diesem Abschnitt aus dem Neuen Testament Jesus Christus gemeint. Es kann einem aber auch der 23. Psalm im Alten Testament in den Sinn kommen: „Der Herr ist mein Hirte …“ – Gott selbst handelt mit seinen fürsorgenden Eigenschaften, schützend, begleitend, ja führend in der Rückschau und gastfreundlich. Das Glas ist nicht mal gerade halbvoll, sondern „Du schenkst mir voll ein!“.

Die frühe Christenheit hat im Wirken Jesu Christi, ja in seiner ganzen Existenz das Leben eines Hirten wieder gefunden: wie ein Hirte – jemand, der allen vertraut war – handelt, so hat sich auch Jesus Christus verhalten: für die Seinen eintretend, sie schützend und bewahrend. Und die noch junge Christenheit hat die Erfahrung gemacht, dass sie auch im Gebet zum Auferstandenen um Schutz und Bewahrung bitten kann – und erhört wird. Das hat ihr Kraft gegeben: als Gemeinde insgesamt, auch als jeweils einzelne Beterinnen und Beter.

Wahrscheinlich schon recht bald – und weil mehr als einige wenige Menschen sich immer irgendwie organisieren – hat man in Gemeinden gemerkt, dass man auch Führungs-persönlichkeiten braucht: Wer sorgt für den inneren Zusammenhalt? Wer schlichtet bei größeren Unstimmigkeiten? Wer vertritt eine Gemeinde nach außen?

Viel wichtiger war aber noch: Wer ist für uns da wie der Gute Hirte Jesus Christus …? Und durch die Zeiten hindurch hat es gute Hirtinnen und Hirten gegeben – und auch weniger gute. Und natürlich muss ich hier auch erwähnen, dass es Hirten gegeben hat – und wohl auch noch immer gibt –, die ihre Macht, die sie haben, missbräuchlich gebraucht haben.

Das Bild vom Guten Hirten ist das eine, das der Schafherde etwas anderes. Der große Unterschied: wir Menschen können auch anders! Wir können woanders hingehen, etwas anderes denken und auch anders handeln. Freiheit heißt nicht nur, unter verschiedenen (Konsum-) Möglichkeiten wählen zu können; Freiheit bedeutet auch, den Sinn im eigenen Leben zu entdecken, den eigenen Weg zu gehen – kurz: frei zu werden von dem, was nicht „das Eigene“ ist, dem zu vertrauen, was man spürt. Deshalb ist ein guter Hirte als Seelsorgerin, als Seelsorger jemand, der sich vorbehaltlos schützend zu jemandem – vor jemanden – stellt. Partei ergreift! Und dann auch wieder jemanden gehen lassen kann. Kein Mensch muss in der einen bestimmten Gemeinde bleiben. Das Entscheidende ist: dass jemand zu Gott findet! Das ist oft eine Entdeckungs-reise: wofür kann ich dankbar sein im Leben, im Rückblick, in der Gegenwart, für bestimmte Menschen, auch für Einflüsse darüber hinaus … Früher sprach man dann von Fügungen, denn es gab die Einsicht: man geht nie seinen Weg völlig selbstbestimmt; es gab – und gibt – immer auch Abhängigkeiten, manche neuen Abhängigkeiten sind nun besser, oder wenigstens erträglicher, auch in dieser Krise. Wofür kann ich Gott (trotzdem oder gerade?!) dankbar sein und Ihn loben …?

Manchmal öffnen wir einander die Augen; nicht immer wissen wir, was da gerade passiert.
Amen.

Liedvorschläge: „Lobe den Herrn“ (EG 317), „Befiehl du deine Wege“ (361), „Jesu, geh voran“ (391)

Großer Gott: wir bitten Dich,
dass wir Frieden finden für unser Leben
und Frieden schaffen unter den Menschen.
Wir bitten Dich um Deine Barmherzigkeit,
dass auch wir miteinander Erbarmen haben,
dass wir den Sinn unseres Lebens entdecken
und Dich in vielem loben und preisen können.
Wir bitten Dich, erbarme dich.
über alle, die Trauer tragen,
die Abschied von einem nahen Menschen nehmen mussten,
dass sie weiterleben können
ohne Verzweiflung und ohne Resignation.

Wir bitten Dich, erbarme dich.
über alle, die von Existenzängsten heimgesucht werden,
dass sie Hilfen annehmen
und auch andere Lebensmöglichkeiten wahrnehmen können.
Erbarme Dich über uns alle in diesen schwierigen Zeiten.

Wir bitten Dich, erbarme dich über uns,
dass wir uns auf unser Ende besinnen,
dass wir endlich Heil und Erlösung finden:
in Dir allein.

Nimm dich unser gnädig an,
rette und erhalte uns.
Denn dir allein gebührt
der Ruhm und die Ehre und die Anbetung,
dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist,
jetzt und immerdar und von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Amen.

Vater unser …

„Der Herr segne Dich und behüte Dich, der Herr lasse leuchten sein Angesicht über Dir, der Herr erhebe sein Angesicht auf Dich und schenke Dir Frieden.“
Dabei kann man – auch als evangelischer Christ, Christin – das Kreuz schlagen.

B. Pechmann